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Libysche W�ste - Zum Baden in die W�ste |
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Autor: Martl Jung,
Fotos: Martin Jung
Teilnehmer: Martin Jung und Jens-Uwe
Tiedtke
Reisezeit: August 1993
Veröffentlicht im Radl Magazin - Ausgabe 03/1995, Seiten 52
bis 63 |
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Zum
Baden in die Wüste Als
optimalen Einstieg für Sahara-Aspiranten empfielt Martl Jung
die Libysche Wüste in Ägypten |
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Die meisten Ägyptischen Oasen liegen in Senken. Schön, wenn
man sich die steile Flanke aus dem letzten Becken hochgearbeitet hat.
Jetzt darf man eine rasante Abfahrt genießen, die zumindest
ein wenig Abkühlung verspricht |
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Endlos
erstreckt sich der Lichterteppich des Nil-Deltas wie eine beleuchtete
Landkarte unter uns. Aus der Vogelperspektive gewinnen wir einen
ersten Eindruck von Ägypten, dessen bewohnte Regionen zu den
dichtbesiedeltsten der Welt zählen. Doch uns zieht es in vergleichsweise
menschenleeres Land: zu den Oasen der Libyschen Wüste.
Im hektischen
Treiben des Kairoer Flugplatzes montieren wir unsere Bikes. Jeder
Handgriff bringt uns dem Start aus diesem betäubenden Trubel
ein Stück näher. Schließlich sind wir unterwegs
- auf nasser Straße, denn die allabendlich vom Mittelmeer
heranziehende feuchte Luft ist zu dichtem Nebel kondensiert. Nach
gut 20 Kilometern Autobahn fahren wir mitten hinein in den Trichter
des Molochs am Nil, von dem niemand so genau weiß, ob er wirklich
>nur< 15 Millionen
Einwohner hat. Einmal aus Kairo heraus, auf der anderen Seite über
die Pyramid-Road hinauf, profitieren wir vom dünnen Verkehr
des anbrechenden Tages und erreichen noch vor den allgegenwärtigen
Touristen-Bussen die unvermittelt aus dem Dunst über Gizeh
aufsteigenden Pyramiden.
Wir genießen
die Ruhe und die Wärme der aufgehenden Sonne, lassen unseren
Blick schweifen, weg von der Metropole, hinaus über die bis
zum Horizont reichende Sandfläche der Libyschen Wüste.
Irgendwo dort draußen liegen wie Inseln im weiten Ozean fünf
Oasengruppen, die wir zum Ziel unserer Reise erkoren haben. Die
ersten Souvenier-Verkäufer holen uns schnell in die Realität
zurück. Bakschisch, Bakschisch! Nichts ist hier umsonst, nicht
einmal das Fotografieren, sobald auch nur ein Kamel abgelichtet
wird. Die im Islam verankerte Almosenpflicht gegenüber Bedürftigen
hat die Phantasie vieler Ägypter beflügelt, Leistungen
zu erfinden, die alle mal ein Bakschisch wert sein müßten.
Von der Tourist-Police
in Gizeh lassen wir uns einen wichtigen Stempel in den Paß
drücken: Diesen in den Oasen nicht erhältlichen Sichtvermerk
muß man sich spätestens sieben Tage nach der Einreise
besorgen. Auf der direkt unterhalb der Pyramiden beginnenden >Wüstenautobahn<,
die abseits des Nildeltas die Hauptstadt mit Alexandria verbindet,
fahren wir zunächst tatsächlich durch die Wüste.
Doch schon bald reichen die Grünflächen einiger Neuland-Projekte
bis an die Trasse heran.
Schon brennt die schnell steigende Sonne erbarmungslos auf uns herab.
Nur die überdachten Picknickplätze, die alle zehn Kilometer
zu einer Rast im Schatten einladen, erlauben es uns, auch während
der Mittagszeit zu fahren.
Die monotone
Fahrt wird am nächsten Tag durch einen besonderen Leckerbissen
unterbrochen: ein Besuch bei den Klöstern im Wadi Natrun. Schon
im vierten Jahrhundert zogen erste christliche Einsiedler
in diese unter Meeresniveau gelegene Senke, in deren Salzseen zu
pharaonischer Zeit das zur Einbalsamierung benötigte Natron
gewonnen wurde. Die Kopten, größte christliche Bevölkerungsgruppe
und seit jeher Außenseiter in der moslemischen Gesellschaft,
gründeten in dieser Abgeschiedenheit vier heute noch existierende
Klöster.
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Klosterleben
im Wadi Natrun
Die Klostergärten sind eine ware Oase in dem sonst so lebensfeindlichen
Wadi Natrun. Hier kann man sich, bei einem heißen Glas Tee,
mit den Mönchen austauschen. |
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Bei
einem Glas Tee erklärt uns ein Mönch die Bedeutung der
Klöster als Forschungsstationen zur Entwicklung einer an die
Wüste angepaßten Landwirtschaft. Die üppigen Gärten
können sich sehen lassen; bei unserem Spaziergang durch Palmenhaine
und Obstbaumreihen fühlen wir uns in ein kleines Paradies versetzt.
Draußen im Wadi Natrun leben auch heute noch Einsiedler in
Felshöhlen, für die die Klöster die einzige Versorgungsmöglichkeit
sind.
Wir nähern
uns der Küste. Immer dichter werden die landwirtschaftlich
genutzten Grünflächen. Auf einem Damm überqueren
wir einen von Algen rot gefärbten Salzsee, bevor wir wieder
hinauf auf Meereshöhe radeln dürfen [1].
Auf den nächsten 60 Kilometern können wir ägyptische
Feriendörfer in allen Bauphasen bewundern. Eine noble Anlage
nach der anderen, eingegrenzt von hohen Zäunen, wird hier in
die Landschaft geklotzt.
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Das
Meer - so nah und doch so fern
Die Fahrt auf den 460 Kilometern Wüstenautobahn von Kairo
nach Mersa Matruh ist für Radfahrer nicht gerade ein Highlight.
Einzig die Landschaft auf der dem Meer zugewandten Seite bietet ein
wenig Abwechslung. Leider bekommt man das Meer, das nur wenig entfernt
hinter einem Deich liegt, so gut wie nie zu Gesicht.
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Die
Hoffnung, uns im Hotel von El-Alamein regenerieren und vom Staub
der letzten Tage befreien zu können, bleibt nur ein Traum.
Es gibt lediglich Getränke, und die Dusche bleibt die ganze
Nacht über trocken. Die komplette Anlage - einschließlich
der Betten - scheint noch aus dem Jahr 1942 zu stammen, als dem
deutschen Machthunger an dieser Stelle durch Briten, Italiener und
Franzosen ein Ende gesetzt wurde [2].
Wenigstens
in den weißen Dünen von Sidi Abd el Rahman gibt es ein
Hotel direkt am Strand. Nach einer ausgedehnten Pause setzen wir
am Nachmittag unseren Weg auf der autobahnähnlichen Küstenstraße
fort. Der Verkehr ist dünn, das Meer nur gelegentlich am Horizont
sichtbar. Eigentlich fahren wir schon mitten in der Wüste,
denn bis auf wenige trockene Grasbüschel und einzelne Feigenbäume
gibt es auch an der Küste keine Vegetation.
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Wasser
weckt die Lebensgeister
Gemauerte Quellen, die teilweise noch aus der Zeit der Pharaonen
stammen, bieten immer wieder eine willkommene Gelegenheit zur Abkühlung.
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Neben
den gelegentlichen Straßencafés bietet El Daba, der
einzige größere Ort vor Marsa-Matruh, noch eine letzte
Versorgungsmöglichkeit. Danach begleitet uns nur noch die von
Alexandria kommende Wasserleitung, die Eisenbahnlinie und - weit
entfernt - die Brandung des Mittelmeeres durch die monotone Wüstenlandschaft.
Wir sind froh,
Marsa-Matruh zu erreichen, einen Badeort, in dessen türkisgrünem
Wasser sich schon Kleopatra vergnügt haben soll. Auch wir erfrischen
uns zusammen mit den fast ausschließlich ägyptischen
Badegästen und genießen es, nicht wie bei den Tempeln
im Niltal ständig von Souvenirverkäufern verfolgt zu werden.
Hier kaufen wir auch ein für die Etappe zur Oase Siwa: Erdnüsse,
Halva, Fladenbrot, Thunfisch in Dosen und pro Person 20 Liter Mineralwasser.
Am letzten
Kontrollposten amüsiert man sich etwas über unser Vorhaben,
sind es doch über 300 Kilometer bis Siwa. Ein letzter Blick
zurück zum Mittelmeer und schon geht es auf dem erst 1988 fertiggestellten
schmalen Asphaltband über die topfebene Sandfläche.
Kaum hat der
Vollmond die Sonne abgelöst, kühlt die Luft merklich ab.
Vom stetig wehenden Nordwind unterstützt, geht es über
die in unwirkliches Licht getauchte Sandebene. Auch einheimische
Autofahrer nutzen die Kühle der Nacht, bremsen, begleiten uns
ein Stück, fragen nach Woher und Wohin - und vor allem nach
dem Warum. Unvorstellbar, daß wir nachts mit dem Rad in der
Sahara unterwegs sind - und das freiwillig. Viele geben erst nach
mehreren Versuchen, uns von der Bequemlichkeit einer Autofahrt zu
überzeugen, frustriert auf, um kurz darauf erneut anzuhalten.
Da hilft dann nur noch, ihnen unsere Wasservorräte zu zeigen
und zu erwähnen, daß wir schon seit Kairo im Sattel sitzen.
Inzwischen
zeigt der Badetag Folgen: Mir brummt der Schädel, und ich bekomme
Schüttelfrost. Die Kondition läßt rapide nach -
eindeutige Anzeichen für einen Sonnenstich! Ich fahre zick-zack,
finde gerade noch die Kraft, mich von einem Kilometer-Schild zum
nächsten zu retten, muß mich jedesmal für ein paar
Minuten in den Sand legen.
Eigentlich
sollten wir längst die auf halbem Weg befindliche Raststätte
passiert haben. Wir bezweifeln schließlich, ob sie überhaupt
existiert und legen uns zum Schlafen neben die Straße. Als
es hell wird, sehen wir, wie knapp wir am Abend unser Ziel verfehlt
haben: Die Raststätte ist in Sichtweite, eben mal drei Kilometer
von unserem improvisierten Lager entfernt. Bei der freundlichen
Familie, die den Reisenden in einer kleinen Baracke kühle Getränke
und einen Imbiß anbietet, verbringen wir den Tag.
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Von
Ebene zu Ebene
Ein traumhafter Blick bietet sich von der Anhöhe in das weite
Becken der Oase Farafra, die sich in der Ferne bereits erahnen läßt.
Ein Blick zurück bietet ein ähnliches Bild - auch die Oase
Bahariya liegt in einem solchen Becken. |
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Die
Nacht empfängt uns wieder mit leichtem Rückenwind, bläßt
uns lautlos über die Straße. Auf rissigem Asphalt radeln
wir am Morgen in das unter Meereshöhe gelegene Oasenbecken, wo
uns ein riesiger Palmenteppich, umgeben von leuchtend weißen
Salzseen, empfängt. Wir treffen gerade rechtzeitig auf dem Marktplatz
ein, als man im East West-Restaurant das Frühstück bereitet
- ägyptisch, denn es gibt in Ölivenöl angebratene braune
Bohnen mit Fladenbrot und dazu frisch gepreßten Mangosaft.
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[1] |
Die
rote Färbung ist auch auf Purpurbakterien zurückzuführen.
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[2] |
Das
Deutsche Afrika Corps wurde im November 1942 von den Briten
geschlagen, die Italiener waren Verbündete der
Deutschen. zurück |
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Letzte Aktualisierung: 19.03.02
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