Impressum
 
  >Startseite >Reisebericht
erste Seite Seite zurück   1 2   Seite vor letzte Seite  
 
    R e i s e b e r i c h t-S e i t e  1
 
 
 
M e n u e
 
 
 
   
 
   
Guyana - Savannen, Tieflandregenwald und Tepuis
 
 
    Autor: Dirk Neumann
Diese Tour wurde von mir im September/Oktober 2001 durchgeführt.
 
 
 
 
Savannen, Tieflandregenwald und Tepuis

Dreieinhalb Wochen Fischfang quer durch Guyana.

 
 
 

Am 28. September ging es in aller Fr�he los, da man aufgrund der Ereignisse vom 11. September und der damit verbundenen erh�hten Sicherheitskontrollen zwei Stunden vor dem Abflug einchecken sollte. Tats�chlich waren die Schalter f�r diverse Teutonen-Grill-Fl�ge schon um sechs Uhr morgens hoffnungslos �berlaufen, am Schalter f�r den London Zubringerflug herrschte hingegen g�hnende Leere. Nach zwei gem�tlichen Stunden in der Launch ging es dann endlich los. Nach weiteren zwei Stunden Ankunft in London Heathrow. Die Dimensionen dieses Flughafens sind wirklich gewaltig, selbst der Frankfurter Flughafen wirkt im Vergleich dazu wie ein Provinzflughafen. Wir sind fast 20 Minuten gerollt, bis wir an unserem Terminal (einer von vier!) angekommen sind. In London traf die Reisegruppe dann zusammen: Max aus D�nemark, Rainer und Peter die von D�sseldorf gestartet waren, und die beiden M�nchener eben, Michael und meine Wenigkeit.

Heathrow ist augenscheinlich von (kleinen) asiatischen Architekten geplant worden: Deckenh�he ca. zwei Meter, unter einem der vielen Leuchtschilder und - Reklamen maximale Kopffreiheit von 1,75 Metern. Der Kopfschmuck der vielen indischen M�nner l��t sich hervorragend als praktischer Selbstschutz interpretieren... ;o). Dann ging es mit der BWIA (Britisch Westindies Airline) weiter, der Karibik entgegen. Bei unserer Zwischenlandung nach zehn Stunden Flug auf Antigua war die dr�ckende schw�l warme Luft eine angenehme Abwechslung gegen�ber der abgehangenen Kabinenluft. Unter der Tragfl�che unserer Boeing 737 der >>new generation<<, die zumindest im Innenraum schon etwas zusammengest�ckelt wirkte, tropfte es gewaltig, Kerosingeruch machte sich breit. Da wir gl�cklicherweise wieder einsteigen mu�ten, blieb nicht viel Zeit weiter dar�ber nachzudenken, oder gar auf komische Gedanken zu kommen... Der anschlie�ende einst�ndige Weiterflug nach Port of Spain (Tobago) war sehr angenehm, da jeder der wenigen verbliebenen Passagiere nun eine Sitzreihe f�r sich beanspruchen konnte. Und etliche nutzten die M�glichkeit, die Perlenschnur von Karibikinseln unter uns an einem Fensterplatz zu genie�en. (Hat irgend jemand gute Ausreden / Erkl�rungsans�tze f�r >>tausche Karibikurlaub mit Halbpension gegen dreieinhalb Wochen Schlamm, Kriebelm�ckenwolken, und corned beef und Dosen-Sardinen am St�ck?<<). Der Landeanflug auf Port of Spain war auch Klasse: In >>Griffweite<< am Gebirgsmassiv im Norden der Stadt vorbei, mehr oder weniger >>kniehoch<< �ber die Stadt hinweg, und Landung in den ausgedehnten K�stens�mpfen... (Manchmal k�nnen Fensterpl�tze nachteilig sein).

Der Anflug erfolgte in der >>D�mmerung<<, d.h. als wir gelandet waren, war es bereits stockfinster. Dies ist typisch f�r S�damerika: Nach dem Sonnenuntergang wird es schlagartig dunkel, die D�mmerung dauert h�chstens 15 Minuten. Der zeitlichen Verlauf der D�mmerung l��t sich im �brigen auch sehr gut mit unbewu�t in der D�mmerung angefertigten Foto- / Diaserien dokumentieren: die Brillantz der Farben schwindet, macht einem zart ansteigenden Grau Platz, und mit etwas Gl�ck ist das letzte Bilder der Serie tats�chlich schwarz. Nach �ber 20 Stunden Reisezeit, war die nun folgende dreist�ndige Wartezeit auf den Weiterflug nach Guyana eine echt Tortur; wir konnten uns kaum noch wach halten. Unter freundlichem R�tteln und Sch�tteln der Stewardessen folgten wir den obligatorischen Sicherheitshinweisen. Eine Stunde sp�ter dann Ankunft auf dem Timerhi International Airport in Guyana. Die Ankunftshalle roch nach frischer Farbe, die - im Vergleich zu der neuen und sachlichen Ausstattung in Port of Spain - schon eher den Erwartungen von >>Karibik<< entsprach: Knalliges Gelb kombiniert mit einem saftigen Gr�n, es fehlte nur noch der Reggae und Zollbeamte mit Rasta-Locken.

Der Fahrer, der uns ins Hotel bringen sollte, wartete schon. Und da Timerhi International Airport leider nicht zwischen Reis-, Zuckerrohrfeldern und den K�stens�mpfen lag, hatten wir noch etwa eine Stunde Zeit, Guyana bei Nacht zu bewundern, und erste Eindr�cke zu sammeln. Gegen ein Uhr morgens kamen wir dann ziemlich auf dem Zahnfleisch in Georgetown an, die Zimmer waren schnell bezogen, die Betten himmlisch, und die Nacht viel zu kurz. Denn p�nktlich um halb sechs Uhr r�hrte eine leicht leiernde Gospelkassette los, die von einer Nachw�chterin inbr�nstig begleitet wurde. Von da an wu�ten wir: Jesus loves us . . . NOT !!!

Wenigstens kamen wir so nicht zusp�t zum Fr�hst�ck, und englisches Fr�hst�ck ist f�r den, der es nicht kennt auch eine v�llig neue Erfahrung: Spiegeleier mit dem ber�hmten Toastbrot, das schon in der Hand auseinanderf�llt, kombiniert mit Melone, Salat & Tomaten sowie etwas Marmelade. Ach ja, nicht zu vergessen die f�r S�damerika - dem Land des Kaffees - typischen Nestle Instant Br�he (Drei Wochen >>warmer<< Entzug f�r mich: kein guter Bohnenkaffee). Am Samstag stand viel organisatorisches auf dem Programm, den Vormittag verbrachten wir mit Einkaufen f�r den bevorstehenden Trip ins >>Hinterland<<. Begleitet wurden wir von Steve, einem Guyanesen, den Rainer vor zwei Jahren kennengelernt hatte. Am Nachmittag trafen wir Jerry, unseren Fahrer, besprachen Einzelheiten der geplanten Route, und wurden abends von Steve und seiner Frau Michele bewirtet. Es war eine sehr interessant Mischung aus indischer und karibischer K�che, typisch f�r dieses Land: etwa die H�lfte der Bev�lkerung sind Inder, die nach dem Ende der britischen Kolonialzeit im Land geblieben sind. Den anderen gro�en Bev�lkerungsanteil stellen ehemalige schwarzafrikanische Sklaven, mit stark karibischem Einschlag (Im Vergleich zu den Negern [1] aus Brasilien). Fazit zum Essen: miam! Am n�chsten morgen ging es dann in aller Fr�he los in den S�den des Landes. Nachdem wir ja vor kurzem unsere Knochen in einem 25-st�ndigen Origamikurs trainiert hatten (Hinflug), falteten wir unsere Knochen mit einer eleganten Leichtigkeit so klein zusammen, da� wir zu siebt im Jeep Platz fanden. Das Auto glich einem �berdimensionalen Kamel, das unter der immensen Dachlast auf Teerstra�en gewaltig schlingerte.

Zum Gl�ck war die Asphaltstra�e nach zweist�ndiger Fahrt zu Ende, und wich einer immer schlechter werdenden Lateritpiste, der wichtigsten, weil einzigen, Verbindung in den S�den des Landes. Den �beraus reizvollen Origamifiguren, die wir bereits kannten, konnten wir in einem 14-st�ndigen Workshop f�r Fortgeschrittene weitere spannende hinzuf�gen, und die Falttechnik entscheidend verbessern (jammer). F�r etwas Kurzweil sorgten die vier Reifenpannen, auch das Gastgeschenk f�r Jerry (Tragbare Luftpumpe f�r Zigarettenanz�nderbetrieb im Auto) erwies sich als n�tzlich, da Loch Nummer eins ja noch >>unter dem Auto hing<<, die n�chste Vulkanisierstation jedoch noch einige Reifenf�llungen entfernt war. Die vierte Reifenpanne ereilte uns gegen Mitternacht, zehn Minuten vor dem Ziel Lethem. Platten und Reserverad zierten faustgro�e L�cher, so da� Jerry loslief, um den Dorfmechaniker f�r ein >>neuen<< Reifen aus dem Bett zu scheuchen. Nach einer halben Stunde waren die drei wieder da, es folgte ein spannendes Reifenwechselman�ver: Das Ersatzrad war ein alter Landrover-Reifen, etwa halb so schmal wie die Schlappen, die montiert waren. Einfache Rechnung: Platten an Vorderachse + Reserverad halb so breit = Lenken als neue Grenzerfahrung. L�sung: (Vorderrad schon abmontiert + schmaler Reifen f�r Hinterachse) + n�tiger breiter Reifen f�r Vorderachse =[Zusammenfassen & Ausklammern !] = Vorderachse auf 19er Gabelschl�ssel stellen + an Hinterachse schmales Rad montieren = breiter Reifen f�r Montage an Vorderachse. Probleme? Nein? O.k. dann weiter zum Hotel nach Lethem.

In Ermangelung von Gospelkassetten und stimmgewaltiger Nachtw�chterinnen konnten wir sogar ausschlafen, welch Wohltat. Lethem liegt bereits sehr weit s�dlich am Takutu River, dem Grenzflu� zu Brasilien. Da die >>Stra�enverbindung<< nach Norden nicht das ganze Jahr passierbar ist, wird die Gegend hier im S�den haupts�chlich mit G�tern aus Brasilien versorgt. Neben dem besseren Bier (Antartika) geh�ren leider auch Softdrinks der Marke Busta dazu, mit so herrlichen Geschmackssorten wie Kokosnu� oder Bananen. Bei Busta handelt es sich um eine Art verfl�ssigten Sirup in spannend leuchtenden Farben, in dem ein L�ffel aufgrund der hohen Dichte des Mediums nicht umgippen kann. Weitere Verwendungsm�glichkeit: hochwertigster Kontakkleber f�r jeden erdenklichen Untergrund. Den n�chsten Tag erholten wir uns beim Fischfang im �rtlichen Bad und Autowaschstra�e, dem Tabatinga Creek am Stadteingang von Lethem. Endlich wieder im Aquarium schwimmen! Das Wasser war klar, da� Schnorcheln eine Freude. Am sp�ten Nachmittag holte Jerry f�nf aufgedunsene Europ�er zum Abendessen ab. Hier w�re sogar Tilly mit ihrem Latein / Sp�lmittel am Ende gewesen.

Am n�chsten Morgen klappten wir uns zu einem weiteren spannend Jeeptag zusammen. Und damit es nicht langweilig wurde, ein weiterer Mitfahrer samt Gep�ck, und Lebensmittel / Benzin f�r die einw�chige Svannen-Tour. John, ein Waiwai-Amerindian aus Lethem, zog es aus unerfindlichen Gr�nden vor, auf dem Dach mitzureisen (die Szenerie erinnerte an >>Prinzessin auf der Erbse<<). Statt Lateritpiste folgte eine Tagesreise auf Sandpiste. Konnten wir in der Nacht zuvor die grandiose Savannenlandschaft nicht sehen, sahen wir heute ein scheinbar endloses Grasmeer, in das ein Titan scheinbar wahllos Kegelberge, Findlinge und Palmen gestreut hatte. Wir umfuhren die Kanuku-Mountains, kreuzten Pisten von >>nirgendwo nach dahin<<, bogen manchmal nach >>dorthin<< ab und erreichten gegen Mittag den Rupununi, einen der gr��eren Fl�sse in Guyana. Wir queren ihn (es gibt keine eigentliche Furt, man f�hrt halt durch den Flu�) und erreichen Dadanawa, die gr��te Ranch des Landes. Nach einem kurzen Erfrischungsaufenthalt (Wir wissen: Busta meiden!) im Ranch Store geht es weiter Richtung S�den.

In den n�chsten Tagen unternehmen wir verschiedene Ausfl�ge rund um das Dorf, das eigentlich fast nur aus den drei gro�en Schulgeb�uden zu bestehen scheint, und eben dem Medizincenter. Tats�chlich hat Karaudanwau 950 (!!!) Einwohner, und es scheint, als genie�e ein Gro�teil der Einwohner stets in vollen Z�gen die gro�e Pause. Das Dorf als >>feste Einheit<<, so wie wir es von uns gew�hnt sind, existiert nicht. Es sind viel mehr �ber die Ebene verstreute kleinere Geh�fte und H�tten. Unter anderem werden hier Peanuts angebaut, und nach dem Genu� der frischen Peanuts und Cashew - N�sse, wei� ich endlich, wie ranzig das Zeug, das uns alle Jahre wieder angeboten wird, wirklich ist. Nach drei Tagen Corned Beef und Dosensardienen geht es dann gl�cklicherweise zur�ck Richtung Dadanawa. Dort warten echte Betten, und ein wa(h)r(m)es Mahl! Bevor wir jedoch die Ranch erreichen, �bernachten wir noch an einem Flu�, dem Arakwai. Nachdem mein Kreuz nach eineinhalb N�chten in der H�ngematte bereits Freudenspr�nge macht (in der ersten Nacht bin ich irgendwann ins Auto ausgewandert, um halbwegs gerade liegen zu k�nnen, und den Holzf�llern zu entfliehen, die an den Tragebalken s�gten)), freue ich mich schon auf das >>Stofflaken<< in der Uferb�schung und den ca. 1,5 Meter darunter befindlichen Granitbrocken. Im Gegensatz zu meinen Bef�rchtungen war dies jedoch die erste gem�tliche (!) und durchgeschlafene (!!!) Nacht. Es macht halt doch einen Unterschied, wer die H�ngematte aufh�ngt, bzw. wie sie aufgeh�ngt wird. Aber dank John kann ich es jetzt auch (Mir war stets schleierhaft, wie man sich in einer U-f�rmigen Position diagonal in eine H�ngematte legen kann. Das ist aber gar nicht so schwer, wenn man die H�ngematte nicht schon U-f�rmig aufh�ngt... ). Am n�chsten morgen fingen wir dann unser Fr�hst�ck ein: Ich hatte ja schon in Franz. Guyana versucht, mit diesen putzigen kleinen, sechsbeinigen Gesellen Freundschaft zu schlie�en. Arthropoden sind zwar stark, wie ich seit den Grundvorlesungen aus dem Bio-Studium wei�, aber trotz eifrigster Bem�hungen haben sie es dann doch nicht geschafft, Steves Rucksack mit den Fressalien wegzutragen. Also haben sie folgerichtig erst einmal das Gewicht des Rucksacks reduziert, und in kleinen Portionen weggetragen...

 
 
Anmerkungen
[1] Die Neger oder >Buschneger< sind Nachfahren aus der Sklaverei entflohener Afrikaner. Sie haben im Regenwald eine eigene Kultur, ganze St�dte mit von aussen unzug�nglichem Strassennetz und Infrastruktur aufgebaut. zurück
 
  nach oben Seite zurück Seite vor
Letzte Aktualisierung: 15.01.02
  ©Travel-Fever 2001 bis 2015